„Das Vaterspiel“
Das Spiel
des Hasses und der Rache
Der 45
jährige politisch engagierte Schriftsteller, Josef Haslinger,
aufgewachsen in Zwettl, einer der ärmsten Randregionen Österreichs, ist
der Verfasser des Romans „Das Vaterspiel“, der im Jahr 2000 erschienen
ist. Thema seines Romans ist die gnadenlose Geschichte vom physischen
und seelischen Krieg.
Anhand
des Schicksals dreier Familien schildert er in dem Roman das Leben
dreier Familien und dreier Generationen. Dabei erwähnt er die jüdische
Opferfamilie, die deutsch-litauische Täterfamilie und die
sozialdemokratische Familie in Wien, der der Ich-Erzähler Rupert zu
ordnen ist.
In Form
von Protokollen aus Gerichtsverhandlungen in den USA dokumentiert
Haslinger die grausame Vernichtung der Juden in Litauen, darunter die
Auslöschung der Familie Shtrom, deren einziger Überlebender Jonas Shtrom
ist. Dem gegenüber stellt er die Familie des Täters Lucas Munkaitis des
verantwortlich gewesenen Massenmörders, die nach Amerika entkommen
konnte. Dieser jedoch hält sich seit 32 Jahren aus Angst vor der gegen
ihn erhobenen Anklage des Jonas Shtrom in einem Keller versteckt.
Der
Bogen schließt sich mit der Verbindung zwischen Rupert Kramer und Mimi,
der Großnichte des Massenmörders Lucas. Sie bittet Rupert dessen
ehemalige Jugendliebe sie war, ihrem Großonkel zu helfen.
Der
Massenmörder Lucas ist nicht nur ein Täter, sondern auch ein Opfer. Ohne
Schlaftabletten kann er nicht einschlafen. Der Massenmörder „hätte das
Gewehr nicht anrühren müssen.“ Er wollte nicht „die Predigten halten
aber das schmutzige Geschäft den Bauernburschen überlassen“. Die tausend
Tote bleiben für immer in seinem Kopf. Er hat Angst, Angst vor den
Rächern der Vergangenheit, Angst vor der nahen und fernen Zukunft. Mit
seinen über drei Jahrzehnte dauernden Verstecken in einem Keller konnte
er nur den Rächern entfliehen aber nicht der Geschichte, die keine
Gnade kennt. Man kann der Geschichte nicht entkommen.
Rupert, leidend an
einem zurückspringenden Unterkiefer, der ihm den Spitznamen „Ratz“
einbringt, führt ein Leben bestimmt durch Joints und Computer.
Er entwickelt aus Hass
auf seinen Vater, der seine Mutter wegen einer 20 Jahre jüngeren Frau
verlassen hat, ein Spiel, in dem er seinen Vater täglich schlachten
kann.
Bei seinem Aufenthalt
in Amerika vermarktet er sein Spiel. In nur kurzer Zeit gewinnt er 33000
TeilnehmerInnen für sein Spiel, was unglaublich scheint. Die Leute
scannen die Köpfe ihrer Wahl ein und zur Entspannung schlachten sie
ihren Opfer.
Haslinger schildert hier die andere Form des Tötens, in Form virtueller
Schlachtfelder.
Im Gegensatz zum
zweiten Weltkrieg, der mit den echten Waffen ausgetragen wurde,
realisieren sich in der Jahrtausendwende der Hass und die Rache durch
die Computerspiele. Was hat Rupert mit dem Nazi-Mörder zu tun? Ist
Rupert auch ein Mörder und zwar Mörder seines sozialdemokratischen
Vaters oder ist er sogar ein Massenmörder? Er realisiert die
Schlachtfelder auf den Bildschirmen. Allein an einem Tag 1800 Teilnehmer
heißt allein an einem Tag so viele Menschen, die in ihren Seelen ihre
verhassten Objekte vernichten.
Der Roman endet mit dem
Begräbnis von Ruperts Vater, der Selbstmord begangen hat. Im Gegensatz
zu dem Massenmörder Lucas bereut Rupert und möchte das Spiel beenden. Es
ist nicht mehr aufzuhalten. Das Spiel hat gerade
begonnen.
Noshin Shahrokhi |